Svea Nitsche ist seit 2020 Stadträtin für die Grünen im Rat der Stadt Ibbenbüren und Vorsitzende des Sozialausschusses. Vom 18. bis 20.05.2021 hospitierte sie beim Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) und begleitete die Arbeit der Tafel in Ibbenbüren.
Daniela Tietmeyer, 1. Stellvertretende Fraktionsvorsitzende Bündnis 90 / Die Grünen, stellte folgende Fragen:
Was hat Dich auf die Idee gebracht, ein freiwilliges Praktikum zu machen?
Als Vorsitzende des Sozialausschusses ist es mir sehr wichtig, viel über die sozialen Belange und Bedürfnisse der Ibbenbürener Bürger*innen zu erfahren.
Wie bist Du zum Sozialdienst katholischer Frauen gekommen?
Über die Angebote des Sozialdienstes katholischer Frauen habe ich in der Vergangenheit immer mal wieder gelesen: Tafel, Suppenküche, Sozialkaufhaus. --- Das hat mich neugierig gemacht. Deshalb habe ich SkF-Geschäftsführerin Barbara Kurlemann auf eine mögliche Hospitation angesprochen. Sie hat sofort zugesagt und wir haben ein paar Tage im Mai verabredet.
Welche Bereiche wolltest Du kennenlernen?
Möglichst viele. Der SkF ist so vielfältig: Adoptions- und Pflegedienst, die Fachberatung Kindertagespflege, Allgemeine Sozialberatung, Frauenwohnhaus, Freiwilligenbörse, Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung, der Betreuungsverein und so weiter und so fort. Da musste ich mich schon entscheiden. Ich hatte mich auf Tafel, Suppenküche und Sozialkaufhaus gefreut. Die Coronaschutzmaßnahmen haben diese Wahl noch weiter eingeschränkt. Ich konnte in der Tafel mitarbeiten und habe dort einen wirklich intensiven Einblick erhalten.
Wo warst Du eingesetzt?
Ich habe aktiv an der Lebensmittelabgabe der Tafel teilgenommen. An einem Vormittag habe ich Fahrten übernommen, um Lebensmittel abzuholen. Über die Tafel werden Lebensmittel, die von den Supermärkten aussortiert wurden, an Bedürftige (sozial benachteiligte Menschen) abgegeben. Die Tafel erhält Lebensmittel, die kurz vor dem Ablauf des Haltbarkeitsdatums sind. Wenn das Haltbarkeitsdatum erreicht oder überschritten ist, werden insbesondere Lebensmittel nicht mehr verkauft. Dabei sind sie zu diesem Zeitpunkt völlig in Ordnung und genießbar.
Was hast Du gelernt?
Mir war nicht klar, wie viel Organisation und Arbeit hinter einer Einrichtung wie der Tafel stecken. Ein Rädchen greift ins andere. Die Touren zur Abholung der Lebensmittel müssen geplant und mit den entsprechenden Ehrenamtlichen besetzt werden. Wenn jemand ausfällt, muss schnell umgeplant und Ersatz gefunden werden.
Was hat Dich beeindruckt?
Ich habe erlebt, mit wie viel Engagement die Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen arbeiten. Das ist wirklich großartig. Begeistert hat mich die Zuverlässigkeit aller Beteiligten.
Wie ist die Zusammenarbeit zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen?
Mir ist aufgefallen, dass Ehrenamtliche und beruflich Mitarbeitende nicht nur ihre Bereiche im Blick haben, sondern auch direkt reagieren, wenn etwas in einem der anderen Zuständigkeitsbereiche fehlt oder ergänzt werden muss. Alle schauen völlig selbstverständlich über den „Tellerrand“.
Was nimmst Du mit aus Deiner Hospitation?
Die Tage waren sehr einprägsam, aber auch anstrengend. Ich habe großen Respekt vor der Arbeit für die Tafel. Prima finde ich, dass so viele Geschäfte in der Umgebung ihre Lebensmittel für diese Einrichtung spenden und damit den Kreislauf dieses Systems am Laufen halten.
Allerdings ist mir auch klargeworden, dass wir unseren Umgang mit Lebensmitteln gründlich hinterfragen müssen. Wie viele Lebensmittel wirklich aussortiert werden, davon habe ich vorher nur eine ungefähre Ahnung gehabt. Nur weil das Haltbarkeitsdatum erreicht ist, heißt das nicht, dass etwas nicht mehr genießbar ist.
Welche Impulse hast Du für Deine Arbeit im Sozialausschuss bekommen?
Erst einmal große Wertschätzung für das soziale Engagement in unserer Stadt, das sich ja nicht nur beim SkF findet. Es gibt viele kleine und große Akteure, die sich für sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen einsetzen. Die Lokalpolitik braucht ihr Wissen und ihre Erfahrung, um die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Unser gemeinsames Ziel muss sein, Lösungen zu finden, um der Benachteiligung einzelner Gruppen entgegenzuwirken, damit diese Hilfe immer weniger nötig ist.
Als Vorsitzende des Sozialausschusses möchte ich diese Themen aber immer und immer wieder auf die Tagesordnung setzen und mich weiterhin mit den Akteuren austauschen.